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Ruhrnachrichten – 02. Dezember 2017 |
Wo die Rohrmeisterei in eine Walnussschale passt
SCHWERTE. Die Kerne schmecken ihm auch. Aber eigentlich kauft Josef Hellebrand seine Walnüsse als Bastelmaterial. Er schnitzt winzige Krippen. Manchmal sogar mit Schwerter Kulisse.
Von Reinhard Schmitz
Warum nicht in der Rohrmeisterei? Als Kulisse für Maria, Josef und das Jesuskind ist das Backsteingewölbe doch mindestens ebenso stimmungsvoll wie der übliche Schafstall. Das zeigt sich, als Josef Hellebrand ganz vorsichtig die Schale einer Walnuss aufklappt. Winziger als die Männchen einer Modelleisenbahn hat darin die Heilige Familie Schutz gefunden unter dem roten Dach des heutigen Kulturtempels. An den Seiten marschiert sogar noch eine ganze Schar von Mini-Hirten zwischen Tannen herbei. Das filigrane Kunstwerk eines Mannes, der sich selbst gar nicht als Künstler versteht. »Das ist mein Hobby«, sagt der 80-Jährige, der Krippen in Walnussschalen gestaltet. Angefangen ist er zwar irgendwann einmal mit großen Exemplaren, doch dann schrumpften sie immer mehr. Seit Jahren sind nur noch Walnüsse sein Arbeitsmaterial. Eine Herausforderung ist es schon, deren Schalen so vorsichtig zu öffnen, dass sie heil bleiben. »Ich benutze einen Trick«, verrät Hellebrand: »Man muss die Nüsse für ein paar Tage ins Wasser legen, dann beginnen sie zu keimen und öffnen sich von alleine.« Doch dann muss immer noch eine Hälfte ganz behutsam mit der Laubsäge geteilt werden, um zu den Türchen zu werden.
Für die Figuren ist Ahorn die erste Wahl. Unter der Lupe setzt der Meister sein Schnitzmesser an. Mit Holz kennt er sich aus. Schließlich ist er gelernter Schreiner. Doch das Material ist auch das einzige, was der frühere Beruf mit dem Hobby gemein hat. Statt dem Bau von klotzigen Möbeln, Treppen oder Fenstern ist Super-Filigranarbeit gefragt. Mit höchster Konzentration, damit kein Malheur passiert.
»Manche Figur mache ich nämlich drei bis vier Mal bis sie mir gelingt«, berichtet der Rertner. Ein unbedarfter Handgriff und schon fliegt ganz zum Schluss ein Kopf weg. Das macht aber nichts. Denn die Bastelarbeit ist ja Entspannung. »Abends vor dem Fernseher zu sitzen, ist nicht meine Sache«, sagt der Hobby-Schnitzer. Lieber dreht er das Radio an, lauscht klassischer Musik und schnitzt mit ruhiger Hand. Nicht in der Werkstatt oder gar im Keller, sondern im warmen und hellen Wohnzimmer. »Da muss die Frau schon mitmachen«, erklärt er voller Dankbarkeit.
Dafür mangelt es in der Weihnachtszeit überall zu Hause nicht an zauberhafter Dekoration. Auch den goldenen Altar von St. Viktor, das Ruhrtalmuseum mit seinem Treppengiebel und sogar den Schwerter Nachtwächter hat Hellebrand schon zu Walnusskrippen verarbeitet. »Die Hälfte steht unter dem Bett – es ist eigentlich schon zuviel.« Die Kinder sind natürlich auch schon alle ausreichend versorgt.
Verkauft werden die filigranen Krippen aber nicht. Schließlich stecken in jeder durchschnittlich vier Tage Arbeit. Viermal hintereinander schnitzen von 17 bis 23 Uhr abends. »Da blieben ja nur ein paar Pfennige pro Stunde«, rechnet Hellebrand vor. Stattdessen verschenkt er lieber jedes Jahr eine kleine Auswahl an Ester Maria Grulke vom Hilfsverein Louisa. Der kann sie in seinem Laden an der Ecke Hüsing-/Friedensstraße dann für einen guten Zweck anbieten. Der Erlös unterstützt ein Projekt für Straßenkinder in Brasilien. Auf diese Weise werden die winzigen Kunstwerke zu einer großen Geste der Menschlichkeit. Und das hat ja schließlich auch wieder etwas mit der Weihnachtsbotschaft zu tun.
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Embajada de la República Argentina – Louisa e.V. wird durch die argentinische Botschaft unterstützt |
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